Themen — Anforderungen aus der Landesbauordnung 2018 / Baurecht

Genehmigte Nutzung und Nutzungsänderung

Solange eine Kirche dem Gottesdienst gewidmet ist, unterliegt sie nicht den strengen Bestimmungen für Versammlungsstätten. Nach einer Nutzungsänderung gilt dieses Privileg in der Regel jedoch nicht mehr, und die ehemalige Kirche wird behandelt wie jedes andere Gebäude auch. So muss jede geänderte Nutzung, die wesentlich von der ursprünglich genehmigten Nutzung abweicht, durch eine neue Baugenehmigung legitimiert werden. Zusätzlich ist eine kirchenaufsichtliche Genehmigung bei der zuständigen Landeskirche oder dem zuständigen (Erz-)Bistum einzuholen (siehe hierzu auch die Rubrik Kirchenrecht). Daher lohnt sich bei einer beabsichtigten Umnutzung eines Kirchengebäudes zunächst der Blick in die bisherige Baugenehmigung, um festzustellen, welche Nutzungen – in der Regel ausschließlich Gottesdienste – genehmigt sind. Der Entwurf der neuen Sonderbauverordnung (SBauVO) sieht allerdings vor, dass kirchliche Räume auch für Veranstaltungen, beispielsweise kultureller Art, genutzt werden dürfen, ohne dass dies erweiterte Anforderungen auslöst.

Gottesdienststätten dienen grundsätzlich dem Gottesdienst. Anforderungen an die sakrale und weltliche Nutzung einer Kirche jenseits des Gottesdienstes ergeben sich aus den Nutzungsordnungen der (Erz-)Bistümer und Landeskirchen, die mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW abgestimmt wurden. Demnach müssen sich der Charakter aller Veranstaltungen in Gottesdienststätten sowie die Nutzung der Gottesdienststätten an diesem besonderen Widmungszweck orientieren. Dahingehend müssen Veranstaltungen mit dem christlichen Glauben vereinbar sein und zu dem Raum, zu der Kirche, zu dem Kirchenjahr und zu seinen Festen in Beziehung stehen. Die Nutzungsordnungen beschreiben verschiedene bauliche und organisatorische Anforderungen, welche die Kirchengemeinde oder Drittveranstalter zu beachten haben.

Oft sind Nachkriegskirchen von Umnutzungsabsichten betroffen. Für dieses Baualter sollte – anders als für Kirchengebäude aus früheren Epochen – die Baugenehmigung entweder in den eigenen Akten oder im Archiv der Bauaufsichtsbehörde verfügbar sein. In diesem Zusammenhang sind die damaligen Baupläne und die Tragwerksplanung des Gebäudes wertvolle Dokumente, wenn das Gebäude baulich weiterentwickelt werden soll. Die Aktenlage der Gebäude aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg kann jedoch aufgrund von Kriegswirren und -schäden mitunter vollständig oder teilweise abhandengekommen oder beschädigt worden sein. Sind im schlechtesten Fall keine Akten mehr auffindbar, so sieht der Gesetzgeber die Beweislast für den Bestandsschutz beim Gebäudeeigentümer. Somit kann es passieren, dass die Kirchengemeinde beweisen muss, dass es zu Zeiten der Errichtung der Kirche eine rechtmäßige Baugenehmigung gab.

Bei vielen Umnutzungen von Kirchengebäuden handelt es sich um solch wesentliche Änderungen, dass geprüft werden muss, ob noch baulicher Bestandsschutz besteht oder ob eine bauordnungsrechtliche Neubetrachtung erforderlich wird. Vereinfacht gesagt: Je deutlicher die neue Nutzung von der bisherigen abweicht und je tiefer in die Bausubstanz eingegriffen wird, umso mehr muss das Gebäude an das aktuelle Recht angepasst werden.

 

Dipl.-Ing. Herbert Lintz, Architektenkammer NRW, Düsseldorf