Projekt

St. Bernardus | Kapelle und Gastronomie

Oberhausen
Ort
46145 Oberhausen, Dorstener Straße 190
Ursprüngliche Nutzung
Pfarrkirche der Katholischen Kirchengemeinde St. Clemens; Bistum Essen
Neue Nutzung
Veranstaltungsraum, Gastronomie- und Cateringbetrieb, Kapelle, Hochzeitskirche
Gebäude
1927 geweiht, Architekt: Bernhard Hertel (1862–1927), Köln | 1948, 1957, 1969 Umgestaltun-gen | 2006 „weitere Kirche“ im Bistum Essen | 2007 aktuelle Umgestaltung, Architekten: zwo+ architekten, Bochum
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Die St. Bernardus-Kirche liegt zwischen der Autobahn A516 und zwei Durchgangsstraßen östlich der Ortsmitte von Sterkrade. Das direkte Umfeld ist geprägt von Gewerbebauten und wenigen, kleinteiligeren Wohngebäuden. Von der Dorstener Straße ist das Gebäude mit einem leicht erhöhten, über zwei Treppenanlagen erschlossenen Vorplatz abgesetzt. Zu diesem Vorplatz und zur Straße orientiert sich das Gebäude mit einer symmetrisch gegliederten Giebelfassade, dem mittigen Haupteingang und einem schlanken Glocken-Dachreiter. Durch die Bauhöhe des Langhauses, die erhöhte Lage und die aufgeweitete Straßensituation ist das Gebäude in seinem städtebaulichen Umfeld deutlich wirksam.
Allerdings befindet sich das Kirchengebäude, durch die Streckenführung der Autobahn und eine extensive Nachnutzung einer Industriebrache mit weitläufigen Stellplatzflächen und Fachmarktzentrum vom Sterkrader Zentrum getrennt, inzwischen in einem suburban anmutenden Umfeld.

Gebäude | Bauform

Das in einem neuromanisch-gotischen Mischstil gestaltete Kirchengebäude besteht aus einem hohen und breiten Mittelschiff mit zwei untergeordneten Seitenschiffen, zwei Querhäusern und einem polygonalen Chorabschluss. Die Längsseiten der Kirche werden durch jeweils zwei Giebelfassaden der Querhäuser gegliedert, zwischen denen die niedrigen Seitenschiffe vermitteln.
Im Inneren bilden vier Joche das Mittelschiff, das auf der Eingangsseite von einem kurzen Vorraum und unter einer eingestellten Empore erschlossen wird. Der Chor schließt sich an das südöstliche Querhaus-Joch mit zwei Maßwerkfenstern und einer Gewölbe-Rippendecke an.
An der nordöstlichen Ecke des Gebäudes wurde 1969 eine eingeschossige, flach gedeckte Pfarrer- oder Küsterwohnung angebaut.

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

Die Geschichte der St. Bernardus-Kirche ist eng mit der Entwicklung der Pfarr- bzw. Propsteigemeinde St. Clemens in Sterkrade verbunden. Ursprünglich zum Bistum Münster gehörig, wurde sie 1958 dem neu geschaffenen Bistum Essen zugeordnet. Die Propsteipfarrei St. Clemens im nordwestlichen Teil der Stadt Oberhausen umfasst den rheinischen Teil Oberhausens nördlich von Emscher und Rhein-Herne-Kanal. Aus der ursprünglichen Pfarrei 1927 abgepfarrt, wurde sie mit dieser und weiteren Gemeinden im April 2007 wieder zu einer Propsteigemeinde mit rund 32.000 Mitgliedern vereint, die damit die zweitgrößte Pfarrei im Bistum Essen und eine der größten katholischen Kirchengemeinden Deutschlands ist.
Der Kirchenbau ist einer der letzten realisierten Bauten des langjährigen Kölner Dombaumeisters Bernhard Hertel aus der Kirchenbauerdynastie Hertel, die mit dem Vater auch einen Dombaumeister in Münster stellte und mit dem Bruder des Architekten in Westfalen und im Rheinland sowie in weiteren preußischen Gebieten eine Vielzahl prominenter, vorwiegend neugotischer Kirchengebäude erbaut hat.
Die Stadt- und Verkehrsentwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat das Kirchengebäude seines direkten sozialen Umfeldes weitgehend beraubt.

Prozess | Beteiligte

Das Bistum Essen hat die ehemalige Gemeindekirche St. Bernardus 2006 als eine der sogenannten „weiteren Kirchen“ bestimmt, für die Funktionen einer Pfarr- oder Filialkirche nicht mehr vorgesehen sind und die nicht mehr mit Bistumszuweisungen unterhalten werden.
Die Kirchenvorstände der Ursprungsgemeinden St. Bernardus und St. Clemens beschlossen, die Kirche zu erhalten, und entwickelten mit einem Gastronomen ein Konzept für eine Nutzungserweiterung unter Erhalt ihrer sakralen Nutzung als Kapelle in einem Teil des Gebäudes. 2007 hat das Architekturbüro zwo+ architekten aus Bochum die Kirche für dieses Konzept umgestaltet. Sie befindet sich weiterhin im Besitz der Großpfarrei St. Clemens.

Nutzungskonzept | Neunutzung

Eine raumhohe Glaswand teilt nun mittig das Hauptschiff quer in zwei unterschiedlich genutzte Bereiche. Die hintere Hälfte des Raumes mit dem Chor dient als Kapelle und wird für Hochzeiten, Taufen, Trauerfeiern und Sondergottesdienste in seiner ursprünglichen sakralen Funktion genutzt. Besucherinnen und Besucher betreten diesen Raum durch einen separaten seitlichen Eingang. Die vordere Hälfte des Kirchenschiffes dient heute als Veranstaltungsort mit Gastronomie, die oft die Kapellennutzung im Anschluss an die sakralen Feiern ergänzt oder auch eigenständig für Tagungen, Veranstaltungen, Kultur und Feste genutzt wird. Die Toilettenanlagen, Küchen- und Nebenräume sind in der nordöstlich anschließenden ehemaligen Wohnung untergebracht. Zwischen diesem Anbau und dem nördlichen Seitenschiff befindet sich auch ein Freibereich mit Möglichkeit für Außengastronomie.
Der weiterhin sakral genutzte Teil verfügt über 140 Sitzplätze, der gastronomisch nutzbare Teil bietet, je nach Möblierung, 120 bis160 Sitzplätze. Im Schnitt werden hier inzwischen pro Woche ca. drei Veranstaltungen abgehalten. Es gibt keine regulären Gottesdienste mehr, aber neben den privaten Feiergottesdiensten finden auch sakrale Sonderveranstaltungen statt, wie beispielsweise viermal im Jahr eine Ü30-Messe.

Besonderheiten | Erfahrungen

Für Kirchengemeinde und Ortsgemeinde wurden mit einer verträglichen Nutzungserweiterung und einem entsprechenden Nutzungspartner neue räumliche und kulturelle Möglichkeiten geschaffen, die den Ort wiederbeleben. Der Initiative der Gemeinde gelang es so, ein „überzähliges“ Kirchengebäude denkmalgerecht und behutsam hochwertig umzunutzen und mit der Nutzungserweiterung auch langfristig für eine sakrale Nutzung zu sichern. Die Kirchengemeinde blieb Eigentümerin des Gebäudes und ist somit in alle Entscheidungen zur Nutzung und Veränderung eingebunden.

Durch die behutsamen Veränderungen am Erscheinungsbild und der baulichen Substanz und den gläsernen Raumteiler konnten der Charakter, die räumliche Gesamtwirkung und die Atmosphäre des Gebäudes erhalten werden.

Jörg Beste, synergon Köln

Siehe auch:

Zwo+Architekten, Projekt

Weitere Informationen zum Projekt:

https://fleckners-finest-food.de/