Projekt

Diakoniekirche, ehem. Kreuzkirche | im Prozess

Wuppertal
Ort
Friedrichstraße 1, 42105 Wuppertal
Gebäude
1847-50 erbaut, Stadtbaumeister: Heuse | 1930 Renovierung, Kirchenbaumeister: Arno Eugen Fritsche | 1955 Umgestaltung, Architekt: Adolf Schulz | 2005 Fusion, Außerdienststellung und Verkauf an die Diakonie Wuppertal gGmbH sowie Umbenennung | 2010 Umbau unvollendet, Architekturbüro: Rathke Architekten | 2017 Verkaufsbeschluss und Gründung einer Bürgerinitiative gegen den Verkauf | 2018 Gründung des Vereins „Initiative Kreuzkirche“ | 2019-2022 Teilnahme am prozessbegleitenden Unterstützungsangebot „Zukunftskonzept Kirchenräume“
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude, die Grundstückseinfriedung und Inneneinrichtung stehen unter Denkmalschutz.

Trägerschaft

Initiative Kreuzkirche (IKK) e. V. in Kooperation mit der Diakonie Wuppertal (Eigentümerin)

Zuständige Prozessbegleitung Teil I

location3-Wissenstransfer, Berlin

Amtsbereich

Evangelische Kirche im Rheinland

Ortslage | Städtebauliche Situation

Stadt Wuppertal, Stadtbezirk Elberfeld; Stadtteil Nordstadt: ~ 17.000 Einwohner

Das Kirchengebäude liegt in einer Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts nördlich des Zentrums von Elberfeld auf einem allseitig erschlossenen Grundstück in einem eng bebauten Gründerzeitviertel. Sein Portalturm orientiert sich zum südlich gelegenen Zentrum von Elberfeld. Die Kircheninsel mit dem Gebäude liegt auf der Kreuzung der letzten verbliebenen gründerzeitlich geplanten Sichtachse von Wuppertal (Friedrichstraße/Neue Friedrichstraße) mit einer kleinen Querachse (Ludwigstraße), so dass die Kirche das direkte Umfeld sowie das Stadtquartier prägt und im Bezirk Elberfeld-Nord prominent sichtbar ist.

Gebäudehistorie | Bauform

Die ehemalige Kreuzkirche in der Wuppertaler Nordstadt trägt seit ihrem Verkauf 2005 an die Diakonie Wuppertal gGmbH den neuen Namen Diakoniekirche. Sie wurde 1847 bis 1850 von Stadtbaumeister Heuse als freistehende, einschiffige Saalkirche mit eingezogenen Emporen errichtet. 1955 führte eine Umgestaltung durch Adolf Schulz zur Freilegung des Chores, wodurch die drei langen Chorfenster erstmals vollständig sichtbar wurden und eine niedrige Kanzel neben den Altar gesetzt wurde. 1930 führte eine Renovierung durch den Kirchenbaumeister Arno Eugen Fritsche zur Verkleinerung der Emporen. Er ordnete zudem die Sitzbänke halbachteckig um den Altar und ersetzte die Kanzelwand durch einen niedrigeren, schlichteren Einbau. Ein geplanter Umbau 2010 des Büros Rathke Architekten blieb unvollendet. Es entstand ein Gastraum mit Küche (Café) im Eingangsbereich unter der Empore und eine Toilettenanlage in einem Nebenraum der Apsis. Die neogotische Kirche ist samt ihrer Einfriedung und Inneneinrichtung denkmalgeschützt und misst circa 340 Quadratmeter.

Bedeutung | Umfeld | Motivation

„Das Quartier hat einen relativ hohen Anteil ärmerer Bevölkerung und inzwischen leben (…) nur noch wenige Christen dort. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund liegt bei ca. 48 %. Die Kirche mit ihrer besonderen Ästhetik spricht viele Menschen sehr an.“ Der Platz und das Kirchengebäude sind „ein zentraler Ort im Mirker Quartier“. „Hier ist Platz für Besinnung und Reflektion der eigenen Lebensbedingungen, für Austausch über Änderungsbedarf, -möglichkeiten und -hindernisse in der Stadtgesellschaft sowie zur Orientierungssuche in einer Umgebung, die vielfältigen und starken Veränderungen unterworfen ist.“ Die Kirche soll gewidmet bleiben.

Ausgangslage

Der Verein Initiative Kreuzkirche e.V. Wuppertal wurde 2018 zu Projektentwicklung, Betrieb, Koordinierung und Begleitung der Nutzung gegründet und versteht sich als „Ermöglicher für andere Akteure und Organisator des geplanten ˛Ermöglichungsraums Kreuzkircheʼ.“ Beteiligt an dieser Entwicklung sind unter anderem die langjährige Nutzerin/Betreiberin der Kirche, die Wuppertaler Stadtmission e.V., sowie die AG Inselgarten. Es wird eine Nutzungsänderung der Diakoniekirche hin zu einer „modernen urbanen Allmende“ angestrebt als einer Art Verantwortungsgemein­schaft möglichst aller Nutzerinnen und Nutzer. In diesem ˛Zukunftslabor im Mirker Quartierʼ sollen „einzelne Menschen, Gruppen, Initiativen und Vereine neue Formen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung erproben können“, was ein ungewöhnlich großes Maß an Entwicklungsoffenheit in einer komplexen Gemengelage unerlässlich macht. Zugleich sind für die längerfristige Erhaltung wirtschaftliche Erfordernisse zu beachten. Bereits jetzt wird die ˛Kircheninselʼ als ˛Dritter Ortʼ, d.h. als Raum für diverse nicht-kommerzielle Angebote genutzt. Der die Kirche umgebende Garten im Westen steht für urbanes Gärtnern zur Verfügung und ist als Aushängeschild und Gelegenheit für spontane Begegnungen im Quartier von besonderer Bedeutung. Im Osten befindet sich ungenutztes ˛Brachlandʼ, das von einigen alten Bäumen beschattet wird.

(Alle Zitate stammen aus den eingereichten Bewerbungsunterlagen zum Projektaufruf „Zukunftskonzept Kirchenräume)

Beurteilung zur Teilnahme an Zukunftskonzept Kirchenräume Teil I und Juryempfehlung

Düsseldorf, 21. August 2019

„(…) Der Projekteingang zeichnet sich durch eine Nutzungsänderung hin zu einer „urbanen Allmende“ aus. Weitere beteiligte Partner (…) sind eingebunden. In Form eines Zukunftslabors im ʻMirker Quartierʼ sollen Menschen, Gruppen, Initiativen und Vereine neue Formen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung erproben. Der die Kirche umgebende Garten steht für urbanes Gärtnern zur Verfügung. (…) Die Idee der urbanen Allmende sowohl für den Kirchenraum und das Grundstück als auch für den Garten und das Brachland ist als ein in sich schlüssiges Zukunftskonzept modellhaft strukturell zu entwickeln und räumlich baukulturell und landschaftsarchitektonisch hochwertig umzusetzen. Urbane Allmenden bedürfen in ihrer Organisation ein hohes Maß an Planung bei Initiierung und Verstetigung hierbei kann ˛Zukunftskonzept Kirchenräumeʼ unterstützend wirken.“

(Ulrike Rothe, IBA Thüringen)

Kommentar nach Abschluss des Unterstützungsprogramms

Gelsenkirchen, 31. März 2022

„Lebendige Quartiere sind Zeichen eines großen Engagements unterschiedlicher Initiativen. Zusammenschlüsse solcher Initiativen müssen als Hauptakteurinnen einen Neunutzungsprozess abhängig von der Eigentümerschaft der Gebäude gestalten. Hierfür ist eine Kommunikation auf Augenhöhe und ein offeneres Agieren erforderlich. Interessen können so übereinander gebracht und ein gemeinsames Ziel abgesteckt werden, um gemeinsam handlungsfähig zu sein.”

(Jörg Beste, synergon Köln und Esther U. Heckmann, Projektleitung Zukunft – Kirchen – Räume)

Relevante Themen innerhalb des Prozesses

  1. Klären und Abstimmen von Perspektiven, Rollen, Verantwortlichkeiten und Aufgabenteilung der derzeitigen drei Hauptakteure Diakonie (als Eigentümerin), WSM (als langjährige prägende Hauptnutzerin) und IKK (als junge Impulsgeberin).
  2. Ausgleich zwischen einerseits eingrenzenden inhaltlichen und betriebswirtschaftlichen Zielvorgaben und andererseits den (Entfaltung fördernden) Spielräumen des entstehenden Ermöglichungsraums, wie die IKK ihn im Sinne ihres Leitbildes skizziert hat.
  3. Strategieentwicklung zur Beschaffung von Ressourcen, Ausweitung vorhandener Kapazitäten, einer unterstützenden Organisationsentwicklung, um das in der Bewerbung umrissene Nutzungskonzept zu konkretisieren und um dessen Umsetzung auf den Weg zu bringen.
  4. Einbindung möglichst großer Teile der Nachbarschaft (Menschen, Institutionen).

Erfahrungen aus dem Prozess

  • „Auch im begleiteten ZKR-Prozess scheint es für uns nicht leicht zu sein, wegen der Nutzungsbeschränkungen die unübersehbar großen Potenziale unseres Projektes für die Quartiers- und Stadtentwicklung (städtebauliche Situation, unsere Akteurskonstellation und die Stärken aller Engagierten) voll auszuschöpfen. Ebenso bleibt es weiterhin eine Herausforderung, uns selbst sprachfähiger zu machen, um die gemeinschaftlich zu sichernde Entwicklungsoffenheit unseres Ansatzes gegenüber Skeptikerinnen und Skeptikern zu vermitteln, um dadurch finanzielle und andere Unterstützung zu gewinnen.
  • Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie erschweren zudem seit Mitte März die Verständigung und Zusammenarbeit, die teilweise neu organisiert werden müssen. Andererseits zeigen gerade die plötzlich erzwungenen Änderungen und die damit verbundenen Ungewissheiten sowie die Reflexionen über das Wertefundament unserer Gesellschaft auf, welche Bedeutung offene Begegnungsorte und deren gemeinsam gepflegte und ausgehaltene Entwicklungsoffenheit künftig bekommen können.“ (Stand: 2020)

(IKK e.V., vertreten durch Dr. Holger Kreft)

Weitere Informationen zum Projekt:

https://initiative-kreuzkirche.de/