Projekt

Pauluskirche | im Prozess

Gelsenkirchen
Ort
Pauluskirchplatz 1, 45888 Gelsenkirchen
Gebäude
1911 erbaut, Architekt: Arno Eugen Fritsche (1858-1939) aus Elberfeld | 1944 zerstört; 1955-57 wiederaufgebaut, Architekt: Otto Prinz (1902-1958); Maler: Prof. Eduard Bischoff (1890-1974); Bildhauer: Hubert Nitsch (1931-1965); Kunstschmiedemeister: Erich Friedemann Werner (1939-1968) | 2000 Teilung und Neugestaltung des Vorraums in zwei Bereiche, Architekten Hülsmann und Boländer, Bochum | 2009 Gründung eines Fördervereins | 2015 Beitritt der Ev. Kirchengemeinde Bulmke zur Ev. Apostel-Kirchengemeinde Gelsenkirchen | 2018 Beschluss des Presbyteriums zur Außerdienststellung der Kirche zu Pfingsten 2020 und gemeinsamer Workshop von Gymnasium und Kirchengemeinde zur Ideenfindung | 2019-2022 Teilnahme am prozessbegleitenden Unterstützungsangebot „Zukunftskonzept Kirchenräume“ | im Juli 2020 Veranstaltungsort der Ausstellung „Fluch und Segen. Kirchengebäude im Wandel“ des Museums der Baukultur Nordrhein-Westfalen
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.

Trägerschaft

Evangelische Apostel-Kirchengemeinde Gelsenkirchen in Kooperation mit dem Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium Gelsenkirchen

Zuständige Prozessbegleitung

ASK Architektur- und Sachverständigenbüro Kramp, Lemgo

Amtsbereich

Evangelische Kirche von Westfalen

Ortslage | Städtebauliche Situation

Stadt Gelsenkirchen, Stadtbezirk Gelsenkirchen-Mitte; Stadtteil Bulmke-Hüllen: ~ 25.000 Einwohner

Das Gebäude liegt in einer Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts östlich des Zentrums von Gelsenkirchen (Altstadt) auf einem zweiseitig erschlossenen Grundstück (Pauluskirchplatz). Es ist freistehend auf einem größeren Grundstück gegenüber einer größeren Freifläche mit monumentaler, verglaster Fassade, erhöhtem Vorplatz und eingerücktem 43 Meter hohem Turm zu einer Straßenkreuzung orientiert. Direkt westlich liegt das gründerzeitliche Gebäude des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums. Das Gebäude dominiert das direkte Umfeld, der Turm ist im Stadtteil und in der Stadtsilhouette wirksam.

Gebäudehistorie | Bauform

Die Pauluskirche in Gelsenkirchen-Bulmke wurde 1911 von Arno Eugen Fritsche aus Elberfeld errichtet. Nach ihrer Zerstörung wurde sie 1955 bis 1957 von Otto Prinz wiederaufgebaut. Verschiedene Künstler aus der Gelsenkirchener Künstlersiedlung „Halfmannshof“ waren gestaltend tätig. Die freistehende, dreischiffige Emporenkirche mit schlanken, hohen Rundpfeilern auf fast quadratischem Grundriss mit daran anschließendem rechteckigem Chorraum misst in etwa 722 Quadratmeter und ist denkmalgeschützt. Im Jahr 2000 wurde der Vorraum in einen Eingangsbereich und liturgischer Raum geteilt und umgestaltet.

Bedeutung | Umfeld | Motivation

„Die Lage der Kirche und des Kirchvorplatzes in unmittelbarer Nachbarschaft zum Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium und in einer ruhigen Zone etwas abseits von den Hauptverkehrsstraßen eröffnet gute Möglichkeiten für eine zukünftige Nutzung. (…) Gemeinsames Ziel ist es (…), in den Stadtteil als Sozialraum hinein zu wirken, die Sozialkompetenz aller Beteiligten zu stärken und dem Kirchraum damit eine angemessene neue öffentliche Funktion als Kommunikationsort zu geben. (…) Im Blick auf die begrenzten Raummöglichkeiten der Schule bietet sich das Kirchengebäude mit seinen besonderen Qualitäten zum einen als ‚Ergänzungsraum’, zum anderen auch als ‚Empfangsraum’ an, mit dem sich die Schule als Bildungsträger für den Stadtteil öffnet (…). Die Einbeziehung weiterer nahe gelegener Schulen und Kindergärten im Stadtteil ist ebenso mit zu bedenken wie die Öffnung des Raumes für Angebote der Volkshochschule.“

(Alle Zitate stammen aus den eingereichten Bewerbungsunterlagen zum Projektaufruf „Zukunftskonzept Kirchenräume“)

Ausgangslage

Die Eigentümerin strebt eine Nutzungsänderung zu einem Lern- und Kulturort an. Es gibt bereits eine Kooperation mit dem benachbarten Gymnasium, dessen Räumlichkeiten begrenzt sind und Kontakt mit dem Bildungsreferat der Stadt Gelsenkirchen. Der „Förderverein Ev. Pauluskirche zu Bulmke“ wurde 2009 gegründet. 2015 trat die Ev. Kirchengemeinde Bulmke der Ev. Apostel-Kirchengemeinde Gelsenkirchen bei. Ein gemeinsamer Workshop von Gymnasium und Kirchengemeinde zur Ideenfindung wurde durchgeführt. 2018 kam es zum Beschluss des Presbyteriums die Pauluskirche nur noch bis 2020 als Gottesdienststätte zu nutzen. Stattdessen soll sie eine angemessene neue öffentliche Funktion als Kommunikationsort bekommen, der in den Stadtteil als Sozialraum hineinwirkt. Denkbar wären die Funktion als Ergänzungs- oder Empfangsraum des Gymnasiums als Bildungsträger für den Stadtteil unter Einbeziehung weiterer nahe gelegener Schulen und Kindergärten sowie für Angebote der Volkshochschule.

Beurteilungen zur Teilnahme am Zukunftskonzept Kirchenräume Teil I und Juryempfehlung

Düsseldorf, 21. August 2019

„Die Kirche ist ein charakteristisches Beispiel für einen reduzierten Wiederaufbau. Teile der historischen Emporenkirche blieben erhalten und wurden mit charakteristischen architektonischen Elementen der 1950er Jahre kombiniert. Verschiedene Künstler aus der für Gelsenkirchen bedeutenden Künstlersiedung „Halfmannshof“ waren an der Ausstattung der 1950er Jahre beteiligt. 2020 wird die Kirche als sakraler Ort aufgegeben. An den Überlegungen für eine neue profane Nutzung lobte die Jury insbesondere den Ansatz, die Kirche zu einem Lernort für den Stadtteil zu nutzen. Gelsenkirchen hat einen sehr hohen Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationsgeschichte. Daher spielt das Thema Bildung für die gesamte Stadtentwicklung eine wichtige Rolle. Gelsenkirchen versteht sich als „Lernende Stadt“ und ist mit diesem Ansatz preisgekrönter Partner im UNESCO global network of learning cities. Die Jury möchte mit der Teilnahme an Zukunftskonzept Kirchenräume den „Förderverein Ev. Pauluskirche zu Bulmke“ bei der Ausdifferenzierung seines Ansatzes und einer räumlichen Verortung in dem großen Kirchenraum und auf dem Außengelände unterstützen.“

(Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Baukultur Nordrhein-Westfalen)

Beurteilungen zur Teilnahme am Zukunftskonzept Kirchenräume Teil II und Juryempfehlung

Gelsenkirchen, 05. Februar 2021

Die Jury lobt die Projektgruppe insbesondere für die Ausrichtung des Projektes auf die Programme der Stadt Gelsenkirchen als „Lernende Stadt“ zuzugehen und partnerschaftlich zu denken. Die Kirche thematisch mit einem „3-Säulen-Modell: Spiritualität, Bildung und Kultur“ zu besetzen und so einen alternativen Lernort im Quartier zu etablieren, wird sehr positiv bewertet. Die frühzeitige Kooperation mit den umliegenden Schulen zur Entwicklung neuer Funktionen wird als richtig und wichtig gewertet.

Fazit: „Die Jury möchte das Projekt schon deshalb auf dem weiteren Weg begleiten, um die Ausarbeitung der Funktionsmischung in den weiteren Schritten unterstützen zu können.“

(vorgestellt von Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW)

Kommentar nach Abschluss des Unterstützungsprogramms

Gelsenkirchen, 31. März 2022

„Ein beeindruckendes Gebäude mit einer positiven Ausstrahlung weckt Bereitschaft zum Mitwirken und Interesse für die Entwicklung. Eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung, vor allem bei der Eigentümerschaft als handlungsfähige Entscheiderin sind neben der frühzeitigen Einbindung der zuständigen Behörden wichtige Erfolgsfaktoren eines Umnutzungsprozesses. Ein transparenter und kontinuierlicher Kommunikationsprozess ist wichtig für die Erarbeitung.”

(Jörg Beste, synergon Köln und Esther U. Heckmann, Projektleitung Zukunft – Kirchen – Räume)

Relevante Themen innerhalb des Prozesses

  • Erstellung eines aktualisierten Bauzustandsberichtes;
  • Klärung von Möglichkeiten zur Veränderung der Eigentumsverhältnisse untere Beibehaltung des Status einer nicht entwidmeten Kirche (Kirchengemeinde, Förderverein, Stiftung);
  • Klärungsprozess, welche „Bildungsräume“ im Kirchraum für die Schulen im Umfeld und ggf. die VHS attraktiv und hilfreich sein können.

Erfahrungen aus dem Prozess

  • Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie muss der ursprünglich vorgesehene Zeitplan überarbeitet werden. Der erste Workshop im Januar 2020 wird als sehr guter Auftakt empfunden und hat einen größeren Kreis von Beteiligten in die Planungen mit hineingenommen. Die weitere Arbeit erfolgt zunächst in kleineren Gruppen zu bestimmten Themen der Gesamtaufgabenstellung. Sie sollen in einen nächsten Workshop einfließen. Eine für das Projekt erstellte Website im internen Bereich informiert über den Fortschritt der Arbeit.
  • Die dreimonatige, Pandemiebedingte Verlängerung der ersten Phase (Vorstudie) durch Baukultur Nordrhein-Westfalen nehmen wir sehr dankbar zur Kenntnis. Der „Zeitgewinn“ gibt dem Projekt die Möglichkeit, nach der Außerdienststellung der Pauluskirche am 31.05.2020 unterschiedliche Nutzungsformate im Kirchraum zu erproben (Ausstellung, Theater, Konzert, Beratung, Konferenz, Tonstudio, Sommeratelier, Konferenz, Konzept „offene Kirche“ – mystagogische Kirchenführung). Es ist damit im Sinne einer „Werkstattphase“ geplant, Menschen aus den Schulen, dem Stadtteil und der interessierten Öffentlichkeit dazu einzuladen, gemeinsam weitere Ideen zu sammeln und eine Ahnung von der möglichen Umgestaltung zu geben. Die Ergebnisse können dann auch die Entwurfspläne der Prozessbegleiterin Frau Dr. Kramp anreichern. (Stand: 2020)

(Projektgruppe, vertreten durch Pfarrer Henning Disselhoff)

Weitere Informationen zum Projekt:

https://pauluskirche-zu-bulmke.de/