- Ort
- 41069 Mönchengladbach, Kamillianerstraße 40
- Ursprüngliche Nutzung
- Krankenhauskirche
- Neue Nutzung
- Kolumbarium
- Gebäude
- 1929-1931 erbaut, Architekt: Dominikus Böhm (1880–1955) als Krankenhaus- und Klosterkirche der Kamillianer | 2012 Schließung des Krankenhausbetriebes | 2014 Profanierung | 2014-2015 Umbau zu Kolumbarium, Architektur: bdmp Architekten | seit 2015 Nutzung als Urnengrabstätte
- Denkmalschutz
- Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.
Ortslage | Städtebauliche Situation
Die Kirche St. Kamillus liegt am Rande des Mönchengladbacher Zentrums im Grenzbereich der Stadtteile Dahl und Ohler. Geprägt ist das Quartier um St. Camillus von einer klassischen Wohnnutzung, die Richtung Norden in ein Industrie- und Gewerbegebiet übergeht. Den Großteil der Bebauung machen dabei zeilenhafte Mehrfamilienhäuser aus, die durch Doppelhaushälften sowie Reihenhaussiedlungen ergänzt werden.
Der sogenannte „Freizeit Park“, ein bewaldetes, öffentliches Naherholungsgebiet, befindet sich ebenso wie weitere Park- und Grünflächen in direkter Umgebung zu St. Kamillus. Dem Kirchengebäude selbst kommt durch die exponierte Lage auf einer Anhöhe im Bereich des ehemaligen Quack’schen Gartens eine herausgehobene städtebauliche Stellung zu, von allen Seiten ist das hohe Eingangsportal in den Stadtraum sichtbar. Auf der Rückseite der Anhöhe befindet sich ein imposanter Bestand an historischen Rotbuchen, der westlich direkt an die Kirche angrenzt.
Im Südosten schließt ein der Kirche zugehöriges Kloster des Kamillianer Ordens direkt an St. Kamillus an. Zum gemeinsam geplanten Gesamtensemble gehört ebenfalls ein Krankenhaus, welches heute als städtisches Altenheim genutzt wird.
Gebäude | Bauform
Der Bau von Kirche, Kloster und Krankenhaus als Gesamtensemble wurde von Dominikus Böhm konzipiert. Die verschiedenen Baukörper mit unterschiedlichen Höhen gehen direkt ineinander über, rohe Backsteinfassaden kennzeichnen die geistlich genutzten Bereiche, während hell verputzte Flächen eine gesundheitliche Nutzung symbolisieren. Durch die Anordnung der verschiedenen Baukörper entstehen mehrere Innenhöfe, die teilweise dem Kloster und teilweise dem Krankenhaus bzw. Altenheim zugeordnet sind.
St. Kamillus als Krankenhauskirche wurde im Sommer 1931 nach zweijähriger Bauzeit eingeweiht. Das Kirchengebäude ist von Südwest nach Nordost ausgerichtet, eine klare Abweichung von der üblichen Ost-West Ausrichtung, der die meisten Kirchenbauwerke folgen. Das Bauwerk gliedert sich in zwei geometrische Baukörper. An den quaderförmigen, blockhaften und archaisch anmutenden Eingangsbereich schließt ein längliches, U-Förmiges Kirchenschiff an, welches etwas schmaler und niedriger ausgebildet ist, wodurch eine klare Ausrichtung des Raumes erzeugt wird.
Eine breite Freitreppe führt vom öffentlichen Straßenraum hoch zum Haupteingangsportal mit doppelflügeliger Zugangstür. Das Zugangsportal liegt in einer rundbogenförmigen Nische, die sich über die gesamte Höhe der Fassade erstreckt und eine starke vertikale Geste erzeugt. Flankiert wird es von zwei deutlich kleineren und niedrigeren Rundbogenfenstern.
Die klare Formensprache des Bauwerkes wird durch den flächigen Einsatz des Backsteines in der weitgehend geschlossenen Fassade unterstützt. Rollschichten und plastische Ausbrüche einzelner Steine lassen die Fassade trotzdem lebendig wirken.
Auch im Inneren der Kirche setzt sich die klare Formensprache fort. Das Kirchenschiff ist als hoher, saalartiger Raum ausgebildet, der an seinem Ende in den hellen, halbkreisförmigen Chorbereich übergeht. Fast vollständig ist der Chorbereich durch schmale, raumhohe Verglasungen belichtet, die durch schmale Betonstreben unterteilt sind. Die Fenster stellen die einzige natürliche Lichtquelle des Kirchenschiffes dar und erzeugen eine eindeutige Richtung vom dunklen Eingangsbereich zum erleuchteten Altarbereich. Diese perspektivische Zuspitzung wird durch die gerasterte, flache Holzdecke unterstrichen, die in Richtung des Chores leicht absinkt. Ein niedriges Seitenschiff markiert den südlichen Übergang zum Klostergebäude.
Prozess | Beteiligte
Das Krankenhaus samt Kirche wurde als Spezialklinik für Asthmakranke eröffnet. Während des Zweiten Weltkrieges als Lazarett genutzt blieb es weitestgehend von Kriegsschäden verschont. In den 1980er Jahren erweiterte ein Anbau die Klinik, mit dem auch neue medizinische Fachrichtungen einzogen. Im Jahr 2002 wurde das Krankenhaus von einem anderen kirchlichen Träger übernommen, der den Komplex jedoch im Jahr 2012 schloss. Durch den Wegzug des Krankenhauses musste die Kirche als offizielle Krankenhauskirche 2014 profaniert werden. Seit 2015 wird sie nach einem denkmalgerechten Umbau als Urnenkolumbarium genutzt.
Nutzungskonzept | Neunutzung
Kern des Umbauentwurfes von bdmp Architekten (heute Bolzen + Mehring Architekten) ist die Erweiterung der Emporen im Eingangsbereich in das Kirchenschiff hinein. Hier sind auf vier Ebenen Urnensteelen untergebracht, die Erschließung erfolgt über das historische Treppenhaus und eine neu eingebaute Aufzugsanlage. Im Erdgeschoss erstrecken sich die Steelen bis in das Seitenschiff hinein, der ursprüngliche Gottesdienstraum bleibt durch diese klare räumliche Trennung in seiner Ursprünglichkeit erhalten.
Die stählernen Urnensteelen nehmen die klare Rasterung der Bestandsarchitektur auf, teilweise illuminierte Marmor- und Messingplatten schließen die einzelnen Urnenfelder ab und erzeugen eine subtile Lebendigkeit.
Unter dem Chorbereich liegt eine Krypta, die früher als Werktagskirche genutzt wurde und in der heute Trauerfeiern in kleinem Rahmen stattfinden. Das Kirchenschiff wird neben Trauerfeiern regelmäßig für verschiedene Diskussions-, Kultur- und Musikveranstaltungen genutzt. Auf der nördlichen Wand befindet sich mit der Foto-Installation „Heimat. Deutschland – deine Gesichter“ ein Dauerkunstwerk von Carsten Sander.
Besonderheiten | Erfahrungen
St. Kamillus ist seit seiner Eröffnung 2015 als konfessionsfreies Kolumbarium konzipiert, hier können sich alle Personen unabhängig von ihrem Glauben bestatten lassen. Einzigartig ist zudem die Kombination mit den regelmäßig stattfindenden Kulturveranstaltungen, die dem Ort eine Spannung durch den Widerspruch zwischen Tod und Leben verleihen und eine besondere Art des Trauerns ermöglichen. Möglich gemacht wurde dieses Konzept durch das stringente Umbaukonzept, das Kirchenraum und Urnen-steelen gleichzeitig trennt und miteinander verbindet.
Felix Hemmers
Quellen:
Backes, Elke: Der Kamillus Stil. Dominikus Böhm als Corporate Designer für den Kamillianer Ordern, Dissertation Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 2018