- Ort
- Hauptstraße 261, 41236 Mönchengladbach
- Ursprüngliche Nutzung
- Kirche der Evangelischen Kirche von Westfalen
- Neue Nutzung
- Sozialwohnungen
- Gebäude
- 1864–1866 erbaut, Architekt: Maximilian Nohl (1830–1863) | 1952-1954 wiederaufgebaut | 1998 Verkauf an die örtliche „Gemeinnützige Kreisbau AG“ | 2001 Umbau, Architekt: Wolfgang Wefers
- Denkmalschutz
- Das Kirchengebäude steht unter Denkmalschutz.
Ortslage | Städtebauliche Situation
Die ehemalige evangelische Friedenskirche liegt im Zentrum von Rheydt, einer zuvor eigenständigen Stadt, die mittlerweile ein Ortsteil von Mönchengladbach ist. Das Sakralgebäude markiert durch seine Lage am östlichen Ende der Hauptstraße den Abschluss des Stadtzentrums. Die Kirche befindet sich nur circa 900 Meter vom zentralen Marktplatz entfernt, auf dem noch immer die evangelische Hauptkirche von Rheydt steht.
Der Kirchturm markiert den mit Abstand höchsten Punkt im umgebenden Stadtraum. Zudem ist es das einzige freistehende Gebäude in dem sonst von Blockrandbebauung geprägten Gebiet. Neben Wohnungen befinden sich in den umliegenden Gebäuden auch Kleingewerbe und Gastronomie. Östlich der Friedenskirche beginnt ein großflächiges Industrie- und Gewerbegebiet, welches durch die Hauptstraße vom Stadtzentrum abgetrennt ist. Der großzügige, ehemalige Kirchplatz besteht größtenteils aus frei begehbaren Grünflächen und übernimmt die Funktion einer öffentlichen Parkanlage.
Gebäude | Bauform
Bei der Friedenskirche handelt es sich um eine dreischiffige Hallenkirche in massiver Backsteinbauweise. Sie wurde von 1864 bis 1866 nach Plänen des zur Bauzeit bereits verstorbenen Architekten Maximilian Nohl errichtet, umgesetzt hat die Planung der Architekt Ewald Landmann.
Besonders hervorzuheben ist die Ausrichtung der Kirche mit dem Chor Richtung Norden anstatt, wie üblich, eine geostete Ausrichtung. Diese Abweichung liegt im Städtebau begründet. Die Fassade des Langhauses wurde entlang der damaligen Landstraße ausgerichtet, so dass sich der Kirchturm an der Südseite des Gebäudes direkt an der Hauptstraße befindet und deren Ende ausbildet.
Der massive Turmbau setzt direkt an das Langhaus an. In vertikaler Fortführung entwickelt sich der Turm aus quadratischem Grundriss zu einer oktagonalen Struktur, die schließlich in den Turmhelm mit Turmspitze übergeht. Auch der Chor wurde auf polygonalem Grundriss direkt an das Langhaus angebaut.
Das Bauwerk entstand in unmittelbarer Reaktion auf den Architekten Karl Friedrich Schinkel und seine neue, visionäre Architektursprache. Erkennbar ist dies vor allem durch den offensichtlichen Stilmix aus Gotik, Romanik, Barock und Renaissance.
Die Außenwirkung der Kirche ist geprägt vom flächigen Einsatz des tiefroten Backsteins, welcher partiell durch den Einsatz des deutlich helleren Werksteines ergänzt und kontrastiert wird. Die südliche Fassade des Turmbaus, in dem sich auch das Haupteingangsportal befindet, ist als einzige Gebäudeseite rötlich verputzt. Damit wird die städtebaulich herausragende Bedeutung des Turmes unterstrichen und es entsteht eine klare Hierarchie der Fassaden.
Die horizontale Gliederung des Sakralgebäudes erfolgt durch umlaufende Gesimse, Eckquader akzentuieren die aufsteigenden Bauteile. Über dem dreischiffigen Langhaus erstreckt sich ein Satteldach mit dunkler Schiefereindeckung.
Historische Bedeutung | Soziales Umfeld
Durch die sich rasant entwickelnde Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstand in Rheydt der Bedarf nach zusätzlichem Kirchraum für die wachsende Gemeinde. Nach Abwägung einer Vergrößerung der bestehenden Kirche wurde schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts der Bau einer neuen Kirche beschlossen. In Reaktion auf den kurz zuvor beendeten deutsch-österreichischen Krieg erhielt das Gebäude den Namen „Friedenskirche“. Nach der Grundsteinlegung im Sommer 1864 nutzte die Gemeinde die Kirche bereits ab 1866.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Friedenskirche stark zerstört, was auch an den Bombardierungen der Stadt aufgrund der strategisch wichtigen Lage Nahe des Rheines lag. Lediglich der Kirchturm sowie die Außenmauern blieben erhalten. Nach Kriegsende entstand eine große Debatte in der Gemeinde, ob das Gebäude aufgrund der starken Schäden überhaupt wieder aufgebaut werden sollte. Im Jahr 1952 fiel die Entscheidung für einen Wiederaufbau, der allerdings bereits die Integration von verschiedenen Gemeinderäumen in das Kirchengebäude vorsah.
Vor allem im Innenbereich erfolgte der Wiederaufbau in reduzierter Form. So wurden unter anderem auf Emporen verzichtet und Form sowie Anzahl der Fenster im Langhaus verändert.
In den 1990er Jahren führten ein starker Rückgang der Gottesdienstbesucher und von der Gemeinde nicht stemmbare Sanierungszwänge zur Aufgabe des Kirchengebäudes.
Prozess | Beteiligte
Die Gemeinde erhoffte sich eine möglichst sozialverträgliche Nachnutzung des städtebaulich wichtigen Gebäudes. Nach Verhandlungen mit potenziellen Investor*innen wurde die Friedenskirche schließlich an die gemeinnützige Kreisbau AG für eine symbolische D-Mark veräußert. In der Folge entstanden 18 Sozialwohnungen im Inneren des Gebäudes, die 2001 bezogen wurden.
Die Umsetzung des zu dieser Zeit einzigartigen Vorhabens wurde nur durch umfangreiche Fördermittel des Lands Nordrhein-Westfalen und der Stadt Mönchengladbach möglich.
Nutzungskonzept | Neunutzung
Die 18 Sozialwohnungen werden über das ehemalige Hauptportal der Kirche erschlossen, wodurch ein zentrales, offenes Atrium betreten wird. Dieses befindet sich in der Mittelachse des ehemaligen Langhauses und erstreckt sich über die gesamte Raumhöhe bis in den First. Über im Zuge des Umbaus neu eingesetzte Dachfenster im Firstbereich wird das komplette Atrium mit Tageslicht versorgt. Der nach dem Zweiten Weltkrieg erneuerte Dachstuhl bleibt sichtbar. Zu beiden Seiten des zentralen Flures erstrecken sich die Wohnungen über die gesamte Höhe des Gebäudes. Die Wohnungseinheiten in den oberen Geschossen werden über umlaufende, galerieartige Emporen ebenfalls vom zentralen Atrium aus erschlossen. Die neue Treppenanlage befindet sich im Kirchturm.
Teilweise erstrecken sich die Wohnungen über zwei oder sogar drei Etagen. Durch die nach dem Zweiten Weltkrieg bereits angepassten Fensteröffnungen waren zur Belichtung und Belüftung nur wenige neue Fassadenöffnungen in den oberen Bereichen notwendig.
Der mehrgeschossige Einbau führt allerdings dazu, dass der ehemalige Kirchraum heutzutage nicht mehr erlebbar ist. Lediglich im schmalen Atrium können die vormaligen Dimensionen erahnt werden.
Besonderheiten | Erfahrungen
Mit der Umnutzung der Friedenskirche zu sozialen Wohnzwecken ist es gelungen, das Sakralgebäude als städtebaulich prägendes Element von Rheydt zu erhalten. Von außen ist die neue Nutzung kaum ablesbar, auch der großzügige ehemalige Kirchplatz fügt sich weiter als öffentlicher, parkartiger Raum in die Umgebung ein. Bei dem Umbau des Kirchengebäudes zu Wohnzwecken handelt es sich um eines der ersten Projekte dieser Art in Deutschland, weshalb der Friedenskirche regelmäßig ein Modellcharakter bescheinigt wird.