- Ort
- 57462 Olpe, Rüblinghauser Straße 7
- Ursprüngliche Nutzung
- Pfarrkirche der St.-Martinus-Gemeinde Olpe-Rüblinghausen, inzwischen Pfarrvikarie Heilig Geist Olpe im Pfarrverbund Olpe, Erzbistum Paderborn
- Neue Nutzung
- Umbau und Nutzungserweiterung: kirchliche und sakrale Nutzung, Gemeindezentrum „offene Kirche“
- Gebäude
- 1966–1968 erbaut, Architekt Theo Schwill (1925–2010), Dortmund | Glasfenster Rudolf Krü-ger-Ohrbeck | 2015 Sanierung, Um- und Rückbau, Schilling Architekten, Köln | neue Prinzipal-stücke, Bildhauer Matthias Eder, Leonberg | 2016 Preis der Wüstenrot Stiftung im Wettbewerb „Kirchengebäude und ihre Zukunft“
- Denkmalschutz
- Das Kirchengebäude steht nicht unter Denkmalschutz.
Ortslage | Städtebauliche Situation
Südwestlich des Zentrums von Olpe liegt die Heilig-Geist-Kirche im Ortsteil Rüblinghausen parallel zur Rüblinghauserstraße in einer Hanglage oberhalb des Biggetals. Das Umfeld ist in den Hanglagen durch größere Einfamilienhäuser und Doppelhäuser in sehr lockerer Bauweise und in der Tallage durch großformatige Handels- und Gewerbebauten geprägt. An dieser Stelle existiert keine städtebaulich definierte Zentrumslage, der Kirchturm betont einen Standort, der Nutzungen aus Kirche, Gemeinderäumen und benachbarter Kindertagesstätte vereint.
Gebäude | Bauform
Das 1968 errichtete Kirchenensemble bestand ursprünglich aus verschiedenen Nutzungseinheiten, die in einem gegliederten Baukörper mit integriertem Turm zusammengefasst waren. Der Kirchenraum war in einem hallenartigen Großraum unter einem großen, offenen Satteldach untergebracht. Die große Wegekirche bot mit einem frontalen Altarbereich, ursprünglich an der südwestlichen Giebelwand, Platz für etwa 450 Besucher. Der Kirchenbau besteht aus einem innen und außen mit hellen Backsteinen ungegliedert bekleideten Betonskelett mit sechs den Raum stützenlos überspannenden Tragfeldern. An den Altarbereich schloss sich eine kleinere Werktagskapelle an, an die wiederum der Kirchturm, Gemeinderäume und eine Pfarrwohnung entlang der Straße angebaut waren.
Historische Bedeutung | Soziales Umfeld
In der Nachkriegszeit erweiterte sich Olpe stark im Ortsteil Rüblinghausen im südwestlichen Biggetal. Darum wurde als Ergänzung zu vorhandenen historischen Kirchengebäuden das groß dimensionierte Nachkriegskirchenensemble geplant. Als später die Gemeindemitgliederzahlen auch in dieser Region sanken, wurde 2010 die Pfarrvikarie Heilig Geist mit Rüblinghausen und dem westlichen Bereich von Olpe in der Pfarrei St. Martinus Olpe mit weiteren Gemeinden zum Pastoralverbund Olpe-Biggesee vereinigt. Im Rahmen dieser Neuordnung wurde auch erwogen, das sanierungsbedürftige Kirchenzentrum aufzugeben. Seit 2016 sind die beiden ehemals selbstständigen Pastoralverbünde zu einem „Pastoralen Raum“ Pastoralverbund Olpe fusioniert, der zukünftig noch erweitert werden soll.
Prozess | Beteiligte
Trotz der Schrumpfung der Kirchengemeinde wandten sich Pfarrer und Kirchenvorstand gegen einen möglichen Verkauf und Abriss der Heilig-Geist-Kirche. Sie befürchteten mit einer Aufgabe des Standorts einen Identitätsverlust für die Gemeinde in Rüblinghausen.
Auch die Paderborner Diözese befürwortete einen (Teil-)Erhalt anstelle eines Abrisses: „Kirchen, auch die in den Dörfern, sind für uns Fingerzeige Gottes“. Kirchengebäude werden als ortsbildprägende Versammlungsräume gesehen, die neben einer sakralen auch eine kulturelle Bedeutung haben. So wurde für das Erzbistum Paderborn mit dem Heilig-Geist-Projekt ein „weg- und zukunftsweisendes Beispiel für Neustrukturierungen von Sakralbauten“ mit Modellcharakter entwickelt.
Nutzungskonzept | Neunutzung
Für das Gebäude wurde ein Wettbewerb ausgelobt, zu dem acht Architekturbüros eingeladen waren und der das gemeinsam mit Vorgaben des Erzbistums erarbeitete Grundkonzept ermöglichen sollte. Hierfür sollten der Sakralraum von 450 auf 150 Plätze verkleinert und die vorhandenen Flächen und Kubaturen deutlich reduziert werden. Dabei sollte das Konzept einer für den Ortsteil und die Stadt offenen Kirche mit Sakralraum und Gemeinderäumen umgesetzt werden.
Der realisierte Entwurf erreichte dies, indem er die vorhandenen Gemeinderäume und die Werktagskirche entfernte. Das Pfarrhaus und der so nun freigestellte Turm blieben erhalten und rahmen einen Vorbereich ein, der mit einer Treppenanlage das Gelände und die Ebenen des Kirchengebäudes erschließt. Durch Abgraben des Hanges wurde das Untergeschoss freigelegt, und so bekamen die hier angeordneten Gemeinderäume Tageslicht und Außenraumbezüge.
Die hallenartige Struktur des Kirchbaukörpers aus den 1960er Jahren wurde erhalten, der eigentliche Sakralraum allerdings von sechs auf vier der vorhandenen Tragfelder des Baukörpers reduziert. In den verbliebenen beiden Tragfeldern wurde ein großzügiges Foyer untergebracht, das von der Straßenebene den tiefer gelegenen Gottesdienstraum und die darunter gelegenen Gemeinderäume mit Treppenanlagen, einem Aufzug und einer Rampe im Sakralraum erschließt. Zwischen Sakralraum und Foyer wurde eine raumhohe Glastrennwand eingebaut, die Foyeraußenwände des Kirchenbaukörpers wurden großzügig zu der südlichen Ecke hin geöffnet. Im nun quadratischen Sakralraum wurde die liturgische Ausrichtung um 180 Grad nach Südosten gedreht, der Altar in die Mitte gerückt und auf drei Seiten mit den Gemeindeplätzen umgeben. Ein Wechsel zu einem hölzernen Bodenbelag und einer umlaufenden, brüstungshohen Holzsitzbank schuf für diese sakrale Gemeinschaft einen inselartigen Bereich für die Feier, der auch die nun frei stehende erhaltene Orgel miteinschließt.
Besonderheiten | Erfahrungen
Die reduzierte und umgestaltete Heilig-Geist-Kirche öffnet sich deutlich für ihre Besuchenden. Eine Öffnung des Kirchengebäudes zur Stadt hin setzt die neue Orientierung im Selbstverständnis der Gemeinde hin zu einer offenen Kirche baulich um.
Das Erzbistum Paderborn setzt so ein deutliches Zeichen, dass es auch an schwierigen Stellen und angesichts von Mitgliederrückgang und demografischem Wandel versucht, die Identitätsorte der Gemeinden zu erhalten. Das Konzept einer hochwertigen Neugestaltung mit Reduktion und gleichzeitiger Optimierung des Gebäudebestandes ist an dieser Stelle mit der Nutzungserweiterung des Sakralbaus beispielhaft realisiert worden.
Allerdings ist diese gestalterisch und inhaltlich überzeugende Lösung einer wohlhabenden Diözese angesichts von Umbaukosten von rund 3,4 Millionen Euro so nicht überall umsetzbar, insbesondere nicht in den weniger solventen Bistümern und Landeskirchen. Trotzdem zeigt die Heilig-Geist-Kirche in Olpe, wie aus einer pastoralen Neuordnung heraus und mit intelligenter Reduktion und Nutzung des Vorhandenen eine offene Kirche für eine veränderte Gesellschaft entstehen kann.
Diese Leistung zeichnete 2016 die Wüstenrot Stiftung in ihrem deutschlandweiten Wettbewerb „Kirchengebäude und ihre Zukunft“ mit einem der beiden Preise aus. In der Beurteilung der Jury heißt es: „Die Besonderheit der Maßnahme liegt zum einen darin, dass das Gebäude für eine zukunftsweisende Nutzung ausgerüstet wurde, wobei sowohl die städtebauliche Anbindung als auch die Binnenstruktur erheblich aufgewertet werden konnten: Durch Reduzierung des Bauvolumens, kluge Organisation der neu entstandenen Räume und eine material wie formal hochwertige Gestaltung. Aus einer Zwangssituation ist es somit gelungen, sowohl in pastoraler und liturgischer Hinsicht als auch unter architektonischen Aspekten das vorhandene Gebäudeensemble auf vorbildliche Weise zu perfektionieren.“
Jörg Beste, synergon Köln
Siehe auch:
Weitere Informationen zum Projekt:
http://www.schilling-architekten.de/index.php?/projekte/heilig-geist-kirche-olpe/