- Ort
- 45772 Marl, Lipper Weg 115
- Ursprüngliche Nutzung
- Evangelische Kirche von Westfalen
- Neue Nutzung
- Vollkolumbarium
- Gebäude
- 1952 erbaut, Architekt: Alfons Krauß | 1965 Fertigstellung der Kirchenfenster von dem Glaskünstler Hans Gottfried von Stockhausen | 2016 Entwidmung | 2018 Eröffnung nach dem Umbau zum Kolumbarium, Architekten: DEEN ARCHITEKTEN, Münster
- Denkmalschutz
- Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz
Ortslage | Städtebauliche Situation
Die Christuskirche liegt zurückgesetzt am Lipper Weg in Marl-Drewer. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Christuskirche sind in den letzten Jahren einige Einfamilienhäuser entstanden.
Gebäude | Bauform
1952 erbaut der Architekt Alfons Krauß die Christuskirche. Der aus Oberteuringen, in der Nähe des Bodensees, stammende Paul Ott erweiterte die Kirche 1957 mit dem Bau der Orgel und schließlich vollendete der Glaskünstler Hans Gottfried von Stockhausen 1965 den Bau mit seinen bunten Kirchenfenstern.
Zwischenzeitlich wurde auf dem Gelände ein weiterer Bauabschnitt, der ein Jugendheim und Mitarbeiterwohnungen beinhaltet, fertiggestellt.
Die Kirche wurde als Basilika, bestehend aus einem höheren Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen, welche sowohl mit gewölbten als auch mit flachen Decken ausgestattet sind, errichtet.
Historische Bedeutung | Soziales Umfeld
Das evangelische Gemeindeleben begann schon in den 1920er Jahren in der alten Bauernschaft Drewer, welche zu den heutigen Stadtteilen Marl-Drewer-Nord und Marl-Drewer-Süd führte. Zu dieser Zeit gab es noch keine Kirche in der Ortschaft, es waren dort bislang nur eine evangelische und eine katholische Schule angesiedelt. 1929 kaufte die stetig wachsende Gemeinde ein Haus, um es für Veranstaltungen und Gottesdienste zu nutzen. Schließlich besaß der Bezirk Drewer im Jahr 1948 bereits 6000 Gemeindeglieder, weshalb der Bau einer Gemeindekirche notwendig wurde. Am 21. Dezember 1952 wurde die neuerbaute Christuskirche eingeweiht.
Kirchliche Nutzung | Einbindung in die Bürgergemeinde
Im Jahre 2014 beschloss das Presbyterium für die Christuskirche eine neue Gebäudenutzung, 2016 wurde die Christuskirche entwidmet. Der ehemalige Gemeindesaal im Souterrain des Gebäudes wurde zwischenzeitlich als Kindertagesstätte umgebaut, die auch heute noch Betrieb ist. Der Erhalt des Gebäudes nach der Entwidmung der Kirche war daher unbestritten.
Prozess | Beteiligte
Die Evangelische Stadt-Kirchengemeinde Marl (esm) beauftragte das Münsteraner Büro DEEN architects, heute DEEN ARCHITEKTEN mit der Planung und Realisierung des Nachnutzungskonzepts für die Christuskirche. 2017 wurde mit dem Umbau begonnen und im Sommer 2018 eröffnete das Kolumbarium. 470 Kammern, die für jeweils 15 Jahre angemietet werden können, bieten Platz für 800 Urnen.
Nutzungskonzept | Neunutzung
Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz. Trotzdem orientierten sich die Architekten an der vorhandenen Raumgeometrie und griffen diese auf, indem sie vier halbhohe Wandelemente in den bestehenden Raum einstellten. Zwei Einbauten liegen entlang der Außenwände, zwei weitere Einbauten in C-Form bilden den neuen Andachtsraum. Der dadurch entstandene innere Raum bietet bei Trauerfeiern Platz für 100 Gäste.
Die Wandelemente des Andachtsraumes bestehen aus recycelten Glaskeramikplatten und werden dezent hinterleuchtet, was den Raum in ein warmes Licht taucht.
Aus dem äußeren Umgang sind alle Urnenkammern zugänglich.
Die Grundstruktur der Urnenkammern wird aus einem Sockel aus dunklem Nussbaum gebildet, die Verschlussplatten sind aus heller Glaskeramik gefertigt. Dieser Material-Kontrast ergänzt die vorhandene Farbstimmung der weißen Kirchenwände und des rötlichbraunen Bodens.
Sitznischen in Achse der aufgearbeiteten Fenster des Künstlers Hans Gottfried von Stockhausen laden zum Verweilen ein. Die vorhandenen Pendelleuchten werden ergänzt durch eine integrierte Beleuchtung unterhalb des Sockels der inneren Urnenwand.
Weitere bauliche Maßnahmen wurden unter der Orgelempore vorgenommen. Dort entstand durch den Einbau einer Glaswand ein transparentes Café anstelle eines ehemaligen Gruppenraumes.
Teile der ehemaligen Kirchenausstattung wurden in die Umgestaltung miteingebunden, so ist beispielsweise der ursprüngliche Altar Bestandteil einer Stele für das Buch für Gebetsanliegen und das Wandkreuz markiert „das Feld der ewigen Ruhe“.
Durch die Funktion des Kirchengebäudes als Kindertagesstätte einerseits und als Kolumbarium andererseits, werden Leben und Tod im übertragenen Sinn des Konzepts räumlich vereint: Während heute im Souterrain die Kinder spielen, wird darüber der Verstorbenen gedacht.
Besonderheiten | Erfahrungen
Das Kolumbarium stößt auf großes Interesse und in seiner Gestaltung überwiegend auf Anerkennung, einigen erscheint es jedoch “eher kühl”. Immer wieder werden Führungen angefragt, bei denen die Umgestaltung vorgestellt und erläutert wird. Zahlreiche Interessenten haben erklärt, dass sie sich bereits jetzt für die Christuskirche als Ruhestätte entschieden haben. Aufgrund der vorhandenen Kapazitäten sind Vorreservierungen noch nicht nötig. Die aktuelle Belegung bewegt sich im erwarteten Rahmen.
Eine vor der Corona-Pandemie begonnene Konzertreihe im Kolumbarium fand guten Anklang, musste aber wegen der aktuellen Situation leider vorübergehend eingestellt werden. Informationen zur Fortsetzung der Konzertreihe erhalten Sie beim Veranstalter.
Elena Wübbeling, Baukultur Nordrhein-Westfalen | DEEN ARCHITEKTEN, Münster
Quellen:
https://www.waz.de/staedte/vest/christuskirche-wird-entwidmet-id11436184.html
Weitere Informationen zum Projekt:
https://www.evangelische-friedhoefe-marl.de/innenkolumbarien.html