Projekt

Maria Königin | Wohnkirche

Dülmen
Ort
Anna-Kathariana-Emmerick-Straße 28, 48249 Dülmen
Ursprüngliche Nutzung
Pfarrkirche des Bistums Münster
Neue Nutzung
Wohnkirche
Gebäude
1960-1961 erbaut, Architekt: k. A. | seit 2011 Mehrfamilienhaus bzw. Wohnkirche, Architekten: Feja + Kemper, Recklinghausen
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht nicht unter Denkmalschutz.

Ortslage I Städtebauliche Situation

Die ehemalige katholische Pfarrkirche Maria Königin befindet sich nord-östlich des Dülmener Stadtkerns in einer klassischen Wohngebietsstruktur. Allseitig ist das Gebäude von Ein- bzw. Mehrfamilienhausbebauung umgeben und bildet somit das klare gesellschaftliche Zentrum des Wohngebietes aus. Dies wird auch durch den direkt angrenzenden Fest- bzw. Schützenplatz der Stadt bekräftigt. Nach Norden wandelt sich das Gebiet in Richtung Stadtrand nach und nach zu einer gewerblich industriellen Nutzung. Der Verkehr an der ehemaligen Kirche ist als ruhig zu klassifizieren. Das gesamte Wohngebiet wird vom äußeren Stadtring sowie der zum Stadtkern führenden Münsterstraße eingerahmt. Innerhalb befinden sich eher weniger befahrene Zufahrtsstraßen. Direkt gegenüber der Kirche liegt eine Bushaltestelle.

Gebäude I Bauform

Formal ist die Kirche Maria Königin als einschiffige Hallenkirche konzipiert. Den längsrechteckigen Grundriss überspannt ein durchgehendes Satteldach, das sich mit flacher Neigung weit herunterzieht. Zur geschützteren Quartiersseite bildet das Satteldach einen Laubengang aus, der im Außenraum parallel zum Kirchenschiff verläuft. Die Steinsäulen nehmen dabei den Rhythmus der inneren Kirchenarchitektur auf.

Der Sakralbau wurde in den 1960er Jahren errichtet und folgt in seiner Materialsprache der typischen westfälischen Nachkriegsarchitektur. Dunkelroter Backstein dominiert die Fassade; Öffnungen und Vorsprünge werden durch den Einsatz von hellem Sandstein betont. Die geschlossen wirkende Fassade wird an mehreren Stellen von markanten Fensterbändern durchbrochen, die wichtige Orte wie Eingänge oder den Chorbereich betonen.

Direkt an das Kirchengebäude angeschlossen befindet sich der frei stehende Kirchturm. Nach Fertigstellung wurde zudem ein T-förmiger Anbau an die südliche Längsseite der Kirche errichtet, der verschiedene Gemeinde- und Büroräume beherbergt und auch nach der Umnutzung der Kirche noch gemeindlich genutzt wird. Durch den Anbau ergibt sich ein grüner Innenhof, der an den Charakter eines offenen Kreuzganges erinnert.

Historische Bedeutung I Soziales Umfeld

k.A.

Kirchliche Nutzung I Einbindung in die Bürgergemeinde

Die Gemeinde Maria Königin samt ihrer Kirche entstand in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit aufgrund der damals stark wachsenden Bevölkerung. Sie entwickelte sich zum gemeindlichen Zentrum der damals neu entstandenen Wohnsiedlung.

Anfang des neuen Jahrtausends fiel die Dülmener Maria Königin Kirche dann allerdings einer vorausgegangen Zusammenlegung von zwei lokalen Gemeinden zum Opfer: Aufgrund des nicht mehr aufzuhaltenden Mitgliederschwundes fusionierte sich 2006 die gleichnamige Gemeinde mit der benachbarten Heilig-Kreuz Gemeinde. Im Jahr 2008 wurde dann offensichtlich, dass die Kirche Maria Königin nicht mehr gebraucht wird, da für die neue Großgemeinde die in den 1930er Jahren nach Plänen von Gottfried Böhm errichtete Heilig-Kreuz Kirche als Ort für die Gottesdienste ausgewählt wurde.

Prozess I Beteiligte

Nachdem die Profanierung der Kirche offiziell beschlossen war, gab es verschiedenste Umnutzungsvorschläge von unterschiedlichen lokalen Akteur*innen, die sich jedoch allesamt als finanziell nicht tragbar erwiesen. Trotz des fehlenden Denkmalschutzes war es der katholischen Kirche wichtig, den Charakter der Kirche möglichst umfassend zu erhalten. Auch die Alternative in Form von Abriss und Neubau wurde aus diesem Grund abgelehnt, obwohl dies deutlich kostengünstiger gewesen wäre.

Schließlich entwickelte die Heilig-Geist-Stiftung die Idee, sozialverträgliche Kleinwohnungen in den Kirchenraum zu integrieren. Nach ersten Machbarkeitsstudien wurde das Recklinghausener Architekturbüro Feja + Kemper in einem wettbewerbsartigen Gutachterverfahren für Entwurf und Umsetzung des Vorhabens engagiert.

2012 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen und die ersten Bewohner*innen konnten in die ehemalige Kirche einziehen.

Nutzungskonzept I Neunutzung

Grundkonzept des Kirchenumbaus ist die Schaffung mehrerer sozial geförderter Kleinwohnungen direkt innerhalb des ehemaligen Kirchenraumes. Dabei sollte der Gesamtraum samt sakralem Charakter erhalten bleiben. Gleichzeitig bildet die Ablesbarkeit von Alt und Neu einen wichtigen Faktor in der architektonischen Umsetzung.

Feja + Kemper haben dafür gestaffelte Betonstrukturen zu beiden Seiten des ehemaligen Kirchenschiffes eingesetzt. In der Mitte bleibt eine klare Erschließungsachse frei, die als eine Art Hauptgasse der neuen ‚Stadt in der Stadt‘ fungiert und gleichzeitig den ganzheitlichen Blick in das Kirchenschiff ermöglicht. Die insgesamt 15 Wohnungen zwischen 42 und 66 Quadratmetern sind durch diese Struktur jeweils einseitig belichtet. Sie entsprechen neuesten Standards der Wärme- und Schallisolierung und bilden durch die zurückhaltende Material- und Formsprache einen klaren und gleichzeitig angenehm unaufdringlichen Kontrast zur Bestandsarchitektur der Kirche aus.

Durch die soziale Bindung der Wohnungen liegt die Miete deutlich unter der lokalen Durchschnittsmiete. Sowohl Rentner*innen als auch Auszubildende und Studierende bilden die Hauptgruppen unter den Mieter*innen und erzeugen eine lebendige und gemischte Wohnstruktur.

Besonderheiten I Erfahrungen

Bei der Umnutzung der Maria Königin Dülmen ist es gelungen, funktionalen und hochwertig gestalteten sozialen Wohnraum in den Kirchenraum zu integrieren, ohne diesem seinen ursprünglichen sakralen Charakter zu nehmen. Mit einfachen Mitteln wie der Reduktion von Material, Nutzung einfacher Konstruktionen sowie Licht-Schatten-Kontrasten ist ein spannender, lebenswerter Raum erschaffen worden, der aber nicht zu teuer in der Umsetzung war. So konnte dieses Projekt trotz des fehlenden Denkmalschutzes die Kirche vor einem Abriss bewahren und ein lebendiges, sozial verträgliches Wohnquartier erzeugen.

Architektur: Feja + Kemper Architekten, Recklinghausen

Felix Hemmers

Weitere Informationen zum Projekt:

https://www.baukunst-nrw.de/objekte/Kirchwohnungen-Maria-Koenigin-Duelmen--2414.htm