Projekt

St. Marien | „Kita St. Marien“

Kamp-Lintfort
Ort
Kattenstraße 186, 47475 Kamp-Lintfort
Ursprüngliche Nutzung
Kirche des Bistums Münster
Neue Nutzung
Kindertagesstätte
Gebäude
1926 erbaut, Architekten: Wolter te Riele, Johann Onnertz | 2012 profaniert | 2014 Umbau, Architekten: Burhoff und Burhoff, Münster; Fachplanung TGA: Burhoff und Burhoff, Münster; Ingenieure Statik: Dipl.-Ing. Jan Kattert, Altenberge; Ingenieure Bestandsunterlagen: IngenieurTeam2 GmbH, Rheinbach
Denkmalschutz
Das Kirchengebäude steht nicht unter Denkmalschutz.

Ortslage | Städtebauliche Situation

Die Kirche liegt am südlichen Ende der Zechensiedlung „Alt-Siedlung Friedrich-Heinrich“, die als Arbeitersiedlung für die Zeche Friedrich Heinrich ab 1907 errichtet wurde. Das bebaute Areal ist 76 Hektar groß. Vorbild war die englische Gartenstadt.

Heute ist dies eine Siedlung mit hoher Wohnqualität. Sie befindet sich circa 2 Kilometer vom Zentrum der Stadt Kamp-Lintfort entfernt.

Die Kirche ist aus rotem Klinker erbaut und entspricht damit dem verorteten Gestaltungskonzept: Die Fassaden der umliegenden Wohnhäuser sind vorwiegend mit Putz gestaltet und haben roten Klinker für untergeordnete Bauteile, wie Sockel, Fenster und Türeinfassungen etc.

Gebäude | Bauform

Die Kirche St. Marien wurde 1926 durch den Utrechter Architekten Wolter te Riele und den Zechenbaumeister Johann Onnertz errichtet, da die Zahl der Bergbauarbeiter, welche an dem Zechengelände ansässig waren, wuchs und die erste kleine Notkirche, welche heute als Josef-Jeurgens-Haus bekannt ist, die Menge an Gläubigen nicht mehr aufnehmen konnte.

Der Neubau sollte bewusst im Innenraum an einen Bergbaustollen erinnern, um symbolisch für die Nähe zu den Bewohnern und ihrer Arbeit zu stehen. Es wurde ein rotes Ziegelmauerwerk verwendet und im Innenraum waren Holzleimbinder zu sehen. Das Dach ist als Mansardendach ausgeführt, in das große Gauben eingeschnitten wurden. Der ursprüngliche Glockenturm stand auf der südöstlichen Gebäudeecke. Hier wurde später eine Sakristei angebaut. Der bis heute vorhandene Glockenturm wurde zu einem späteren Zeitpunkt als Solitär mit einem Verbindungsgang zur Kirche auf der südwestlichen Seite des Kirchplatzes errichtet. Die Giebelseiten der Kirche erhalten durch Backstein ausgeformten Schmuck, welche die Form der Fensteröffnungen wiederholt.

Historische Bedeutung | Soziales Umfeld

Es handelt sich um eine ehemals römisch-katholische Kirche.

Kirchliche Nutzung | Einbindung in die Bürgergemeinde

Die Kirche wurde als Rektoratskirche am südlichen Ende der Bergarbeitersiedlung gebaut. Die Finanzierung übernahm der damalige Eigentümer des Bergwerks Friedrich-Heinrich, Herr de Wedel. Im Oktober 1926 wurde der Grundstein gelegt und nach neunmonatiger Bauzeit war das Kirchengebäude fertig. Am 31.07.1927 wurde die Marienkirche eingeweiht und Rektoratskirche der Pfarrgemeinde St. Josef.

1955 wird St. Marien eigenständige Gemeinde und die Marienkirche zur Pfarrkirche.

Am 07.10.2012 erfolgt die Profanierung des Kirchengebäudes.

Prozess | Beteiligte

Durch die Zusammenlegung von fünf Gemeinden zu der Kirchengemeinde St. Josef, und durch den stetigen Rückgang der Kirchenmitglieder lag die Entscheidung nahe, eine der Gemeinde St. Josef zugehörigen Kirchen zu profanieren und einer neuen Nutzung zuzuführen. Parallel mit dem wachsenden gesellschaftlichen Bedarf nach Betreuungsmöglichkeiten für U3-Kinder und der sanierungsbedürftigen Bestands-Kindertagesstätte der Gemeinde, bot sich die Marienkirche aufgrund ihrer Lage und ihrer besonderen Gebäudestruktur für die neue Nutzung als Kindertagesstätte an. So entstand bei einer Besichtigung des Geländes durch den Weihbischof Wilfried Theising die Idee zu dem Umbau der Kirche zu einer neuen Kindertagesstätte mit Pfarrheimteil.

Nutzungskonzept | Neunutzung

Die Kirche sollte zu einer drei-gruppigen Kindertagesstätte mit Pfarrheimteil umgebaut werden. Dazu wurde die angebaute Sakristei zurück gebaut und das Mauerwerk mit Abbruch-Ziegel ergänzt.

In das vorhandene Kirchenschiff wurde eine Zwischendecke eingezogen, um die nötigen Räume für eine Kindertagesstätte und zusätzliche Räume für die Gemeinde zu schaffen.

Die vorhandene Gaubenstruktur in den Dachflächen konnte erhalten bleiben und sorgt für eine ausreichende Belichtung auf beiden Ebenen. Im Erdgeschoss wurden neue Fensteröffnungen in der Breite der darüber liegenden Gauben eingeschnitten. Teilweise wurden die als Zierfenster angelegten zugemauerten Spitzbogenfenster auf den Giebelseiten geöffnet.

Der Eingang in die Kita erfolgt seitlich über den vorhandenen Verbindungsgang zwischen Kirche und Turm. Man gelangt in einen großzügigen Eingangsbereich der als Wartebereich und Elterncafé genutzt wird. Ein Luftraum stellt eine Sichtverbindung zur oberen Ebene dar und lässt die ehemalige Höhe des Kirchenraumes erahnen. Vis à vis befindet sich das Leiterinnenzimmer mit einem schönen Erker.

Die drei Gruppeneinheiten liegen nebeneinander und haben einen direkten Zugang zur Freifläche. Aufgrund der besonderen Raumhöhe von ungefähr 4,5 Metern werden oberhalb der Sanitärbereiche Hochebenen angeordnet, von hier aus  hat man über große Erkerfenster einen Blick in den Flur.

Eine einläufige Treppe verbindet die beiden Etagen miteinander. Im oberen Geschoss befinden sich der Mehrzweckraum, eine großzügige  Küche und der Personalbereich mit Neben- und Abstellräumen. Ein Gemeinderaum ist ebenfalls im Obergeschoss untergebracht. Damit die Räumlichkeiten auch unabhängig von der Kita genutzt werden können, gibt es auf der Nordseite des Gebäudes einen zweiten Zugang, der mit einem Aufzug barrierefrei gestaltet ist.

Im Inneren findet man neben weißen Putzflächen im Eingangsbereich das vorhandene rote Sichtmauerwerk. Die Gruppenbereiche sind farbig gestaltet, wobei jeder Gruppe eine eigene Farbe zugeordnet wird. Der Fußbodenbelag in der Kita ist in einem neutralen Beige ausgeführt. Die Fenster werden als dunkelgraue Holzfenster ausgeführt, die Öffnungsflügel sind weiß lackiert. Die Einbauten und Möbel sind in hellem Birkenholz bzw. in farbigem Schichtstoff passend zur Wandfarbe der Gruppen ausgeführt.

Die Einweihung konnte 2015 erfolgen. Eine Segnung durch Weihbischof Theising fand am 15. Mai 2015 statt.

Besonderheiten | Erfahrungen

Der Umbau war ein Pilotprojekt im Bistum Münster. Es ist das erste Gotteshaus, das von einer Kirchengemeinde in einen Kindergarten umgewandelt wurde. Die neue Kita ist auch ein Raum, wo sich Generationen treffen können. Im Obergeschoss gibt es den „Raum unterm Kirchendach“, wo sich ältere Gemeindemitglieder treffen. Die Bewegungshalle im Obergeschoss kann als Mehrzweckraum auch für größere Veranstaltungen genutzt werden. Der Leitgedanke, das Gebäude zu einem Haus der Begegnung zu machen, wurde voll erfüllt.

Burhoff und Burhoff Architekten, Münster

Weitere Informationen zum Projekt:

https://www.stjosef-kali.de/kita-st-marien/